Die Eisenindustrie in Ostwürttemberg und die Modellsammlung der Schwäbischen Hüttenwerke (SHW)
Aalen-Wasseralfingen, 6.-7. Februar 2025
Die Themen der Tagung sind der Bergbau, das Hüttenwesen und dessen Produkte, ausgehend von einem der ältesten Industriestandorte Europas.
Mit der Tagung soll eine der wichtigsten, bislang aber wenig beachteten Industrieregionen Baden-Württembergs in Erinnerung gerufen und ein Impuls für die weitere Erschließung gegeben werden.
Die Vorträge stellen in erster Linie die Geschichte der Eisenindustrie im Raum Kocher und Brenz dar. Daneben sollen aber auch vergleichbare Inhalte und Sammlungen in anderen Regionen sowie die Konzepte für deren Präsentation vorgestellt werden.
Die Vortragenden sind Expertinnen und Experten aus verschiedenen Gebieten des Bergbaus, der Verhüttung und der Industriegeschichte sowie der Waldwirtschaft, der Kunstgeschichte und der Archäologie.
Begleitend finden Exkursionen zur Museumslandschaft Königsbronn und zum Ofenplatten- und Modellmagazin der Schwäbischen Hüttenwerke in Aalen-Wasseralfingen statt.
Im Gebiet der Schwäbischen Ostalb gibt es vier Vorkommensarten von Eisenerz, die geschichtlich auch eine frühe Nutzung erfahren haben. Zahlreiche keltische Anlagen sind in auffälliger Weise nahe von Eisenerzvorkommen zu finden. Ab 1365 sind vielerorts in der Ostalb Verleihungen zur Erzgewinnung und Eisenerzeugung durch Kaiser Karl IV. nachweislich. Im Mittelalter hat sich die Kocher-Brenz-Achse zwischen Aalen und Heidenheim zu einem bedeutenden, früh industrialisierten Wirtschaftsraum mit Schwerpunkt Eisenerzeugung und -verarbeitung entwickelt.
10:50-11:10 Uhr:
Dr. Aline Kottmann und Dr. Robin Dürr, Landesamt für Denkmalpflege
Früh- und hochmittelalterliche Eisenverhüttung auf der Ostalb
Immer wieder wurden in den letzten Jahren bei Ausgrabungen in Ortskernlage in verschiedenen Gemeinden auf der östlichen schwäbischen Alb Indizien für eine hier ansässige frühe Eisenverhüttung angetroffen. Meist liegen sie direkt innerhalb der Siedlungsareale. Die frühesten Beispiele datieren bereits ins 4. Jahrhundert – aber auch noch im hohen Mittelalter wird in den Dörfern der Ostalb das hier vorkommende Bohnerz verhüttet.
11:10-11:30 Uhr:
Dr. Guntram Gassmann und Dr. Michael Hascher, Landesamt für Denkmalpflege
Schlaglichter der heimischen Eisenerzeugung vom Mittelalter bis in die Neuzeit
Prof. Dr. Matthias Untermann, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Die Zisterzienser im Kontext der frühen Wirtschaftsentwicklung im klösterlichen Raum und der frühen Industrialisierung
Der mittelalterliche Reformorden der Zisterzienser ist bekannt für seine Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion und seine Kompetenzen im Wasserbau. Nicht wenige Klöster, sogar solche von Zisterzienserinnen, waren auch im Bergbau engagiert und haben die Weiterverarbeitung der gewonnenen Erze organisiert. Für die Entstehung der spätmittelalterlichen Industrielandschaften hatten sie in manchen Regionen eine große Bedeutung.
12:05-12:25 Uhr:
Jürgen Schmidt, Dr. Oliver Nelle und Olaf Goldstein, Landesamt für Denkmalpflege
Abbauspuren, (früh-) neuzeitliche Kohlplatten und Handelswege in der Region Ostalb
Ohne Erz kein Eisen – Spuren des Erzabbaus inder Region. Mithilfe von LiDAR ist es möglich, verschiedene Abbaumethoden zu vergleichen und weitere Abbaustätten zu identifizieren (J. Schmidt)
Ohne Holzkohle keine Verhüttung - Holzkohleproduktion am Beispiel eines Meilerfelds bei Konradsbronn (Wört).
Holzkohle war essentiell für die Eisenverhüttung. Deren Produktion und die Archivfunktion für die Waldgeschichte wird anhand von Meilerstellen bei Konradsbronn erläutert. Mittels Mikroskopie der Holzanatomie und der dendrochronologischen Datierung von Holzkohlen ergibt sich ein Einblick in die historische Waldnutzung und Holzkohleproduktion in der Region. (O. Nelle)
Ohne Verkehrswege keine Produktion und kein Handel – Alte und weniger alte Handelswege im Bereich der Ostalb.
Übersicht über historische Verkehrs- und Handelswege und ihre mögliche Beziehung zur Eisenverarbeitung in der Region.
12:25-12:45 Uhr:
Dr. Ulrich Knapp
Gusseisen – ein Bau- und Ausstattungsmaterial in oberschwäbischen Klöstern
In den oberschwäbischen Klöstern wurde Gusseisen in unterschiedlichsten Funktionen eingesetzt. Weit verbreitet waren eiserne Öfen – zunächst aus einzelnen Platten zusammengefügt – später aber auch Rundöfen. Wenig beachtet bleibt dabei, dass gusseiserne Werkstücke nicht nur bei Herd- und Heizanlagen eingesetzt wurden, sondern auch als Bauelemente in der Architektur. So finden sich wiederholt gusseiserne Baluster bei Balustraden, sowohl im Innenraum als auch am Außenbau, insbesondere bei Turmanlagen. Auch Gestühlswangen wurden im 18. Jahrhundert in Gusseisen angefertigt. Bei Geländern ersetzten gusseiserne Elemente die aufwendige Schmiedearbeit.
Tobias Fuchs, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, und Jörg Weiler, Gemeinde Königsbronn
Forstgeschichte auf der Ostalb
Die „baumlose Zeit“. Eine frühe UmweltKatastrophe...
Von Feuer geformt: Königsbronn und die Landschaft im Wandel der Zeit. Die Eisenverhüttung in Königsbronn hat die Landschaft tiefgreifend verändert: Wälder wichen der Gier nach Holz für die Verhüttung, und infolgedessen nahm die Schäferei zu, da die gerodeten Flächen als Weideland genutzt wurden. Bis heute prägen die dadurch entstandenen Heideflächen das Erscheinungsbild der Alb. Die immer kleiner werdenden Reste dieser Landschaft sind jedoch nur noch ein Nachhall der Vergangenheit und stehen heute im Fokus des Naturschutzes.
14:20-14:40 Uhr:
Dr. Hans-Joachim Bayer
Innovationen im Montanwesen von der Schwäbischen Ostalb
Mit dem Hüttenverwalter Wilhelm von Faber du Faur begann ab 1811 eine montantechnische Innovationsphase sondergleichen. Ab 1829 erfolgten Versuche zur erstmaligen Nutzung der Hochofen-Gichtgase, ab 1835 gelang mit dem Bau des Wasseralfinger „Schlagenröhrenapparates“ die effiziente Nutzung der Gichtgase. Eisen konnte nun besser, billiger, umweltfreundlicher und in größeren Mengen hergestellt werden.
14:40-15:00 Uhr:
André Bechthold, Uni Heidelberg
Wasser, Feuer und Flamme
Das Thema „Eisen“ im Titel eines wissenschaftlichen und touristischen Marketingkonzepts zu ver(sch)wenden, ist zu „schwer“. Bei Eisen und Stahl denkt man sofort an das Ruhrgebiet, weniger jedoch an Wasseralfingen und Königsbronn. Daher soll hier das zentrale Thema umspielt werden mit den für den Eisenabbau, die -verhüttung und -produktion wichtigsten Begriffen, nämlich "Wasser, Feuer & Flamme". Als Zielgruppe sollen Kinder mit ihren Familien angesprochen werden, die das Abenteuer und gleichzeitig den Genuss (Gastronomie etc.) erleben können.
Vom Meisterwerk zum Papierdrücker – auch in Württemberg?
Aufkommen und Verbreitung kleinformatiger vollplastischer Eisenkunstguss-Produkte unter kulturgeschichtlichem Aspekt.
Nachgegangen sei der Frage, ob sich das Phänomen der -vornehmlich im Spektrum des Preußischen Eisenkunstgusses (u.a. Sayner Hütte) - verbreiteten Nachbildung bekannter, 'ikonenhaft' wertgeschätzter, ursprünglich großformatiger Antiken im Kleinformat auch im Produktspektrum des Württembergischen Hüttenwerks Wasseralfingen beobachten lässt. Vermittelt eine ggf. miniaturisierte Antike dann ein spezifisches Antike-Bild für Wasseralfinger Produkte? In jedem Fall ist das Aufkommen und die Verbreitung kleinformatiger vollplatischer wie reliefierter Eisenkunstguss-Produkte unter industriekulturellem, mentalitäts- und kulturgeschichtlichem Aspekt wie auch für Denkmalpflege, Kunst- und Zeitgeschichte durchaus bedeutsam und bedarf genauerer Untersuchung.
15:50-16:10 Uhr:
Rolf-Dieter Blumer
Bisherige Arbeiten an der Sammlung der SHW.
Archivalien und Produkte in Vereinen und Museen der Region Ostwürttemberg
16:10-16:30 Uhr:
Tomas Sturm, Atelier Sturm, Aalen
Vorstellung des Konzepts Eisenregion Ostwürttemberg.
Netzwerk Eisenspur. Bildung eines Netzwerks aus verschiedenen Einrichtungen mit Kenntlichmachung ihrer Schwerpunkte und Ausprägungen zur Dokumentation der Eisengeschichte der Region Ostwürttemberg, auch für touristische Zwecke.
17:00 Uhr: Abfahrt zur abendlichen Exkursion und Empfang in Königsbronn
Besichtigung des Flammofengebäudes, Empfang im Rathaus Königsbronn (ehem. Wohnhaus von Johann Georg Bletzinger) und anschließendem abendlichen Austausch in der Brauereiwirtschaft des Kulturvereins Königsbronn.
Abfahrt ab Wasseralfingen Besichtigung der Erzgrube Tiefer Stollen, Besuch am Bergbaupfad, Woellwarthstein (1608 stieß Hans Sigmund von Woellwarth an dieser Stelle auf das Ende eines Eisenerzflözes) und Kunstgusssammlung der Schwäbischen Hüttenwerke in Wasseralfingen.
14:00 Uhr: Tagungsende und gemeinsames Mittagessen